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Wir stellen vor: unsere neue EYU-Delegierte

Veronika Hlawatsch, 49, lebt als Sounddesignerin und Yogalehrerin in Wien. Wir freuen uns sehr darüber, dass sie sich bereit erklärt hat, die Nachfolge von Anna-Lena Burtscher als BYO-Delegierte für die EYU zu übernehmen. Mit diesem Interview möchten wir sie Euch vorstellen. Das Gespräch mit Alexandra Eichenauer-Knoll drehte sich um vieles. Denn Vielseitigkeit, Kreativität, Offenheit und Forschergeist, diese Eigenschaften zählen zu den offensichtlichen Stärken von Veronika.

 

Liebe Veronika, Du bist eine vielbeschäftigte Frau – in Deinem Job als Sounddesignerin und als Yogalehrende. Jetzt machst Du sogar noch zwei Yoga-Weiterbildungen gleichzeitig dazu: die therapeutische Anwendung von Yoga bei R. Sriram und traumasensibles Yoga bei Dagmar Härle. Trotzdem hast du Dich bereit erklärt, ehrenamtlich für den BYO zu arbeiten. Das freut uns natürlich sehr. Was ist Deine Motivation?
Veronika Hlawatsch: Ich habe in meinem Beruf als Sounddesignerin auch recht lange Verbandsarbeit gemacht. Insgesamt war ich 10 Jahre lang Obfrau des Verbandes der österreichischen Sounddesigner, bis dieser sich dann in einen größeren Tonverband weiterentwickelt hat. Ich habe mein ganzes Leben ehrenamtlich gearbeitet, schon als Schülerin war ich in der Schülervertretung, auf der Filmakademie war ich dann ganz lange in der Studentenvertretung. Das Interesse auf einer gemeinschaftlichen Ebene hat mich hat in meinem Leben immer begleitet. Der Gedanken von Vernetzung  und gegenseitiger Unterstützung war und ist wichtig.
In den letzten Jahren ist Yoga stark zu einem Lebenszentrum geworden. So macht es jetzt Freude, neben meiner beruflichen Tätigkeit auch für unsere Yoga – Gemeinschaft etwas zu machen – z.B. als EU-Delegierte. Auch möchte ich mich in der Arbeitsgruppe Komplementärtherapie einbringen, weil ich ja aktuell bei Sriram eine Yogatherapie-Ausbildung mache. Veränderung ist ein spannendes Feld und ein ehrenamtliches Engagement kann dazu beitragen.

Wofür möchtest Du Dich bei der EYU engagieren?
Mich würde der Social Media Bereich sehr interessieren und überhaupt die Imagearbeit: wie zeigt man sich in der Öffentlichkeit? Ich finde auch die derzeitigen Entwicklungen in Österreich sehr spannend, z.B. was gerade durch die Gründung der Yogaunion passiert.
Ich kenne so viele Menschen, denen das „Verknotungsyoga“ sehr fremd ist und eher davon abgestoßen werden, die aber dann von einem anderen Yogazugang ganz erstaunt sind und sich darin wiederfinden. Ich finde es schön, wenn man den Leuten zeigen kann: Hallo, es gibt auch etwas Anderes, es gibt auch einen Yoga, wo man liebevoll an sich arbeiten kann. Da bin ich immer so am Denken, wie man diese Menschen erreichen könnte.
Yoga ist ja ein riesiger Geschäftszweig. Aber es gilt mehr als nur eine Werbestrategie zu finden für ein bestimmtes Yogalabel mit Copyright. Wie beschreibt man den Yoga, für den wir stehen, welches „wording“ setzt man ein?

Ich finde es relativ schwierig, Interesse für die EYU und europäischen Yoga zu wecken. Was interessiert Dich daran?
Für mich ist es einfach spannend zu sehen, wie andere Leute ihren Yoga üben. Dadurch erfahre ich für mich etwas Neues und kann es möglicherweise in mein Üben integrieren. Ich finde es schon wichtig, dass wir uns öffnen – die Augen und Ohren weiten. Auch dem winzigen Österreich tut es gut, sich zu öffnen, wir sind ja nicht der Nabel der Welt! Europa ist relativ klein, trotzdem sind auch hier die Kulturen sehr unterschiedlich.
Es gibt natürlich eine starke Orientierung in den englischsprachigen Raum, eine Lehrerin –  Christin Borg –  von mir lebt z.B. in Edinburgh.

Wir hatten schon einmal einen Bericht über die ukrainische Szene in unserem Newsletter. Wenn Du uns da in Zukunft mehr Stoff liefern könntest, wäre das schon sehr interessant. Als EYU-Delegierte bist Du ja auch die kommunikative Schnittstelle zwischen der EYU und dem österreichischen Verbandsbüro. Wie schaut Dein aktuelles Bild von der EYU aus?
Die neue Website ist schon sehr ansprechend, sieht modern und übersichtlich aus. Man fühlt sich da gleich wohler, wenn man das sieht. Grafik ist schon etwas, das Zeitgeist zeigt, man merkt bei einem Webauftritt sehr schnell, ob dahinter Lebendigkeit ist und sich jemand kümmert.
Insgesamt wirkt die EYU auf mich noch ein bisschen verstaubt. Ich möchte jetzt erst einmal die Menschen kennenlernen – mich herantasten an den europäischen Verband. Ich war auch noch nie in Zinal, weil immer gerade ein zeitintensives Filmprojekt war. Die präsenten Treffen in Zinal sind schon von zentraler Bedeutung. Zinal findet heuer erst mal noch online statt. Da werde ich dabei sein, der Start ist am 28./29.8. und dann geht es drei Monate weiter.

Die gemeinsame Sprache in der EYU soll Englisch werden?
Ich freue mich darauf, Englisch reden zu können. Um meinen Sprachschatz up to date zu halten, lese ich auch gerne Englisch. Auch über Yoga.

Was liest Du gerade?
Ich lese ein Buch über die Polyvagaltheorie, allerdings in einer Übersetzung. („Die Polyvagaltheorie in der Therapie“ von Deb Dana) Diese Theorie ist auch in der Traumatherapie ein großes Thema. Ich mache ja gerade die Ausbildung für traumasensibles Yoga bei Dagmar Härle, einer Schweizerin. Im traumasensiblen Yoga brauchst du eine andere Sprache, einladend und sehr offen. Es geht darum, dass Menschen ihre Körper als sicheren Ort entdecken. Die Sprache soll daher nicht direktiv sein, man soll auch keine Werte formulieren, wie zB angenehm und entspannend. Wenn Menschen ein schlechtes Körpergefühl haben, kann sie nämlich auch das schon überfordern. Sie sollen also nicht „etwas fühlen müssen“. Es ist spannend, welche Aufmerksamkeit auf Sprache ich erlernen muss, um die Teilnehmer_innen zu erreichen.

Du hast ja mit Sivananda-Yoga angefangen, dann deine Yogalehrausbildung 2015 – 2019 in der Yoga Pushpa-Schule für Yoga absolviert.
Ja, und auch dort in der Ausbildung wurde sehr darauf geachtet, dass die Sprache offen bleibt. Dagmar Shorny arbeitet ja jetzt auch als Psychotherapeutin.

Was ist Dir selbst beim Unterrichten wichtig?
Für mich geht Yoga Richtung Befreiung und Selbstbefähigung. Ich möchte keine Abhängigkeiten schaffen oder Menschen zu etwas drängen. Wichtig ist mir auch zu wissen, wo kommt denn das alles her, was ich mache. Teilweise unterrichte ich jetzt auch mit dem Body-Mind-Centering-Konzept von Bonnie Bainbridge-Cohen, das sehr stark mit anatomischen Bildern arbeitet. Wenn ich mir ein Bild von den Knochen einer Hand anschaue und dann spüre, wie sich meine Knochen in mir anfühlen, komme ich in ein ganz besonderes Körpergefühl – eine Stärkung der Eigen-Innen-Wahrnehmung. Meine Imaginationen bringen mich dazu tief verbundene Bewegungen zu finden, das finde ich etwas wahnsinnig Schönes. Alleine die Vorstellung bringt mich dazu in meinen Körper zu kommen, zB die Vorstellung meiner Lunge als ein leichtes, durchlässiges, schwebendes Gewebe. Ich nennen das auch Bhavana – mit einer Imagination über etwas durch das Üben getragen zu werden. Das macht neue Wege auf – eine neue Leichtigkeit. In dieser Leichtigkeit kann ich mich mehr und mehr in den Raum und in die Weite öffnen.
Ich bin eine Forscherin. Deswegen beschäftige ich mich auch gerne mit Anatomie. Ich sehe das nicht als etwas Technisches, sondern als etwas, das mich trägt. Für mich war das Scaravelli-Yoga der Beginn, das ist ja auch in der Ausbildung bei Yoga-Pushpa integriert. Und nun kommt für mich das Body-Mind-Centering dazu. Mein Thema ist sehr stark auch die Berührung. Über die Berührung vom Boden oder die Vorstellung von der Luft, die mich berührt, komme ich ganz anders in eine Bewegung. Was berührt meine Haut, meine Knochen? Ich mache auch andere Sachen, Richtung Tanz, aber der Kernpunkt ist schon immer das Yoga und wie ich durch diese Haltungen fließe. Der Atem ist dann die innere Berührung, die durch mich fließt ­– die Luft allumfassend um allen lebendigen Geschöpfen hier auf dieser Welt und in einem selbst berührend – uns so alle vernetzend. Ein tantrischer Zugang.

Die Scaravelli-Schülerin Sandra Sabatini wird vom 8. bis 10. Oktober 2021 zusammen mit Michal Havkin ein BYO-Fortbildungsseminar halten. Titel: „The whole body-breathing – Following the teaching of Vanda Scaravelli“
Ja! Ich finde es großartig, dass sie kommen. Ich werde dort sein. Ich habe gehört, dass sie auch ganz viel am Boden herumkugeln. Ich liebe das, das Herumkugeln, zu schauen, wie kann ich meinen Körper ohne Anstrengung rollen.

Gibt es eigentlich auch unachtsamen Yoga?
Ich bin ein sehr neugieriger Mensch, ich habe vieles ausprobiert und ich schaue mir vieles an, weil ich auch mitreden möchte. Ja, es gibt schon Unachtsamkeit, vor allem unachtsame Lehrende. Es gibt strenge Strömungen, wo die Leute stark hineinkorrigiert werden. Wenn mir das so plötzlich passiert, müsste ich eigentlich sagen: „Hej, was machst du da, gib deine Hände weg von mir.“ Aber wer machst das? Ich habe alle meine verschiedenen Ausflüge in die Yogaszene eigentlich immer interessant empfunden, aber ich kann gut auf mich aufpassen. Es hat aber einen sehr ernsten Kern, wenn Menschen in etwas hineingezogen werden. Wenn die Philosophie oder Vorstellung, die den Unterricht trägt, zu strikt ist und Abhängigkeiten geschaffen werden.

Du bist Sounddesignerin und Yogalehrende – eine Pendlerin zwischen zwei Welten?
Ich mache meine Arbeit gerne, sonst macht man das nicht. Sounddesign ist Projektarbeit und sehr zeitintensiv. Ich habe zwei Yoga-Gruppen in der Woche und sonst Einzelunterricht.
Parallelen zwischen den Berufen? Yoga ist, wie du lebst und wie du dein Svadharma, dein Leben – deine Lebensaufgabe, lebst. Und die Leidenschaft, die du mitbringst. Sounddesign machen heißt, sich leidenschaftlich mit einem Film beschäftigen und ihn auf der akustischen Ebene sinnlich aufladen – ihn also sinnlich erfahrbar zu machen. Die Akustik wirkt sehr auf das Unterbewusstsein. Man kann sehr subtil arbeiten und lenkt so die Aufmerksamkeit. Insofern gibt es schon Parallelen zur Arbeit einer Yogalehrenden.

Du hast uns zwei Fotos geschickt, die Dich als Yogalehrende zeigen. Möchtest Du dazu etwas sagen?
Die Fotos sind zusammen mit der Fotografin Anna Stöcher entstanden. Wir haben uns gefragt, wie kann man Bewegung in einem Foto zeigen, wie eine dynamische Abfolge? Daraus hat sich die Idee mit dem Stopptrick entwickelt.  Wir haben uns genau überlegt wie das Tageslicht sein muss, wie man sich wie schnell bewegen muss. Wir haben ein bisschen herumgespielt.

Viel Erfolg bei Deiner neuen Tätigkeit als EYU-Delegierte und danke für das Gespräch!

ehrenamtliches Engagement, EYU-Delegierte, Veronika Hlawatsch